Unfallversicherung - Herzinfarkt- und Schlaganfall (7Ob113/19x) : Hypo Tirol Versicherungsmakler

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Unfallversicherung - Herzinfarkt- und Schlaganfall (7Ob113/19x)

Sachverhalt: Der Versicherungsnehmer trat beim Aussteigen aus einem Transferbus ins Leere und stürzte auf den Asphalt. Dabei schlug er mit dem Kopf auf, in weiterer Folge kam es zu einer Beschädigung der Arterie im Halsbereich, welche nachfolgend einen Teilinfarkt nach sich zog. Die unfallkausale Gesamtinvalidität betrug 51,5 %.

Der Unfallversicherer lehnte die Deckung ab. Gemäß Art. 6.3. AUVB 1999 gelten Herzinfarkt oder Schlaganfall ausdrücklich nicht als Unfallfolge. Diese Bestimmung sei auch nicht gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs. 3 ABGB. Es handle sich um einen üblichen und nicht überraschenden Ausschluss.

 

Art. 6, Pkt. 3. AUVB 1999 lautete (Auszug):
Vom Versicherungsschutz umfasst sind ferner Unfälle, die durch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall herbeigeführt werden; ein Herzinfarkt oder Schlaganfall gilt jedoch in keinem Fall als Unfallfolge.
[...]

 

Rechtliche Beurteilung des OGH:
Das Erstgericht verpflichtete den Versicherer zur Leistung, das Berufungsgericht war anderer Meinung und gab dem Unfallversicherer Recht, keine Leistung erbringen zu müssen.

 

Der OGH drehte die Entscheidung des Berufungsgerichtes wieder um, bestätigte das Urteil des Erstgerichts und gab dem Versicherungsnehmer Recht. Der Unfallversicherer musste also letztendlich doch leisten.

 

Im Sinne des Art. 6 Abs. 1 AUVB ist ein Unfall definiert als ein plötzlich von außen auf den Körper der versicherten Person einwirkendes Ereignis mit unfreiwilliger Gesundheitsschädigung. Im Sinne des Art. 6 Abs. 3 AUVB sind auch Unfälle erfasst, die durch einen Herzinfarkt oder Schlaganfall eintreten, jedoch gelten diese beiden Vorfälle in keinem Fall als Unfallfolge.

 

 

Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer kann das nur so verstehen, dass Unfälle, die als Folge eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls eintreten, auch als versichert gelten, hingegen Herzinfarkt oder Schlaganfall als Folge eines Unfalls nicht. Es handle sich dabei um einen Risikoausschluss.
Nach § 6 Abs. 3 KSchG sei eine Formulierung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dann unwirksam, wenn die Formulierung unklar oder unverständlich verfasst ist. Dieses Transparenzgebot soll für eine verständliche Formulierung von Geschäftsbedingungen sorgen. Die Formulierung des Art. 6.3 AUVB sei klar und verständlich und eine Verletzung des Transparenzgebotes sei nicht in Sicht, soweit die grundsätzlichen Ausführungen.

 

Allerdings erachtete der OGH diesen Ausschluss als zu weit gefasst, nämlich das Risiko des Herzinfarktes und des Schlaganfalles in der Unfallversicherung als Unfallfolge kategorisch und immer auszuschließen. Nach den Feststellungen war der Sturz des Versicherungsnehmers beim Aussteigen aus einem Transferbus geradezu die Ursache für das gesamte Unfallgeschehen einschließlich des damit im Zusammenhang stehenden Infarktes. Damit konnte nicht ein Infarkt angenommen werden, der aufgrund der sonstigen physischen Konstellation des Versicherungsnehmers irgendwann in der Zukunft eingetreten wäre, sondern ein Infarkt im adäquaten Kausalzusammenhang mit dem Sturz. Auch in der vergleichenden Betrachtung des Ausschlusskataloges des Art. 21 AUVB seien Bandscheibenhernien und Bauch- und Unterleibsbrüche versichert, wenn sie Folgen eines Unfalles sind.

Vor diesem Hintergrund liege damit ein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vor. Die Ausschlussklausel für Herzinfarkt und Schlaganfall als Folge eines Unfalles verstoße gegen § 879 Abs. 3 ABGB, da diese Bestimmung über das legitime Interesse des Versicherers an einem Ausschluss im Versicherungsschutz hinausschieße.

 

Der Versicherer war leistungspflichtig.